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Rom und Judäa zwischen 104 und 63 v.Chr.

 

Inhaltsverzeichnis


1. Einleitung


2. Das Königtum der Hasmonäer

2.1. Judas Aristobulos I. (104 - 103 v.Chr.)

2.2. Alexander Jannaios (103 - 76 v.Chr.)

2.3. Alexandra Salome (76 - 67 v.Chr.)

2.4. Exkurs: Das Verhältnis des Hasmonäerreiches zu Rom und anderen Mächten bis zur Unterwerfung durch Pompeius im Jahre 63 v.Chr.

2.5. Der Bürgerkrieg zwischen Aristobulos II. und Hyrkanos II. (67 - 63 v.Chr.)


3. Die römische Politik gegenüber Judäa und die Neuordnung durch Pompeius

3.1. Hintergründe der Aktivitäten

3.2. Das Eingreifen der Römer in den Bürgerkrieg

3.3. Die Neuorganisation des ehemaligen Hasmonäerreiches

3.4. Der Status Judäas nach der Neuordnung


4. Zusammenfassung


Literaturverzeichnis



1. Einleitung

Als eines der prägenden Kennzeichen der Geschichte der römischen Republik kann die Expansion des Herrschafts- und Einflußbereiches gelten, die zunächst Italien, dann den westlichen, schließlich im 2. und 1. Jahrhundert v.Chr. auch den östlichen Mittelmeerraum erfaßte. Seit dem Sieg über König Antiochos III. von Syrien hatte Rom, sei es als Ergebnis zielstrebiger Bemühungen oder eher aus Sachzwängen heraus, im östlichen Mittelmeer eine unangefochten hegemoniale Stellung inne, die in der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts vor allem durch die Kriege gegen die kleinasiatischen Königreiche Pontus und Armenien weiter ausgebaut wurde. Die auf diese Weise im Laufe der Jahrhunderte unter römischen Einfluß gebrachten Gebiete erhielten einen von Fall zu Fall sehr unterschiedlichen Status. Zum Teil wurden sie in Form einer Provinz direkter römischer Herrschaft unterstellt, zum Teil bestanden sie als juristisch unabhängige, faktisch aber doch im römischen Machtbereich befindliche Staaten weiter.

Zu den Gebieten des kleinasiatischen und syrischen Raumes, die der Feldherr Gnaeus Pompeius Magnus während seiner Feldzüge römischer Botmäßigkeit unterwarf, gehört Judäa, das seit der Erringung der Unabhängigkeit vom seleukidischen Syrien in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts von den Hasmonäern regiert wurde. Die jeweiligen Herrscher dieser Dynastie hatten seit diesem Zeitpunkt den Hohepriestertitel inne und nahmen seit der Wende zum 1. Jahrhundert v.Chr. zusätzlich das Königtum in Anspruch.

In dieser Arbeit soll zunächst die Zeit der Königsherrschaft dieser Dynastie dargestellt werden; das eigentliche Interesse gilt dann aber, im zweiten Teil, den Aktionen Pompeius' in dieser Region bis zur Eroberung Jerusalems im Jahre 63 v.Chr. und insbesondere dem Status, der Judäa im Rahmen der Neuordnung des Ostens durch Pompeius zugewiesen wurde. Zur Debatte steht dabei, ob Judäa in irgendeiner Form eine provinzielle Organisation erhielt, oder ob es als abhängiges Königreich lediglich unter indirekter römischer Herrschaft stand. Nicht untersucht werden sollen die Veränderungen, denen dieser Status in den folgenden Jahren beispielsweise durch Aulus Gabinius und Gaius Julius Caesar unterworfen war.

Grundlegend für die Bearbeitung sind dabei die beiden Werke des jüdischen Autors Flavius Josephus zur Geschichte Judäas (Antiquitates Iudaicae und Bellum Iudaicum), da sie die ausführlichsten erhaltenen Quellen darstellen, die außerdem in einer vergleichsweise geringen zeitlichen Distanz von anderthalb Jahrhunderten zum eigentlichen Geschehen entstanden sind. Daneben wurden für die Fragestellung relevante Textstellen anderer griechischer und lateinischer Autoren und, soweit möglich, hebräische Quellen wie der Talmud und die Qumran-Texte sowie Münzen berücksichtigt.


 
2. Das Königtum der Hasmonäer
 
2.1. Judas Aristobulos I. (104 - 103 v.Chr.)

In der Anfangsphase der von den Makkabäern geführten jüdischen Unabhängigkeitsbewegung gegen das hellenistische Syrien hatte das Ziel der Religionsfreiheit im Vordergrund gestanden, ohne daß damit der Hellenismus, d.h. die griechische Kultur in der Gesamtheit, abgelehnt worden wäre. In der Folgezeit allerdings erhielt die Bewegung einen immer weltlicheren, sich am Ziel der politischen Machtergreifung und Unabhängigkeit orientierenden Charakter. Diese Zielrichtung setzte sich nach der Erringung der Unabhängigkeit von Syrien im Streben der aus den Makkabäern hervorgegangenen Dynastie der Hasmonäer nach dem Ausbau dieser politischen Macht und insbesondere des beherrschten Territoriums fort.

Die Hasmonäer übernahmen dabei die Verhaltensweisen ihrer hellenistischen Nachbarn, wie sich das in aller Deutlichkeit erstmals während der kurzen Regierungszeit des Judas Aristobulos I. (104 - 103 v.Chr.) zeigte. Laut Josephus trug er den Beinamen "Philhellen" (Griechenfreund), beseitigte zunächst seine Mutter, um selbst an die Herrschaft zu gelangen, und nahm dann wahrscheinlich als der erste Hasmonäer zusätzlich zum Hohepriestertum den Königstitel in Anspruch. Damit war die "Hinwendung zur hellenistischen Regierungsform" endgültig vollzogen.

Das bedeutete jedoch nicht, daß die Hasmonäer in den von ihnen beherrschten Regionen auch die Ausübung der griechischen Religion tolerierten. Die Bevölkerung der eroberten Gebiete wurde gezwungen, zum Judentum überzutreten, um sie auf diese Weise an die Regierung zu binden. So hat auch Aristobulos I. nach Josephus' Angaben einen Teil Ituräas erobert, mit Judäa vereinigt und die Bewohner vor die Alternative gestellt, entweder den jüdischen Glauben und die jüdische Lebensweise anzunehmen oder auszuwandern. Das eigentliche Kernland Ituräas, das etwa die Region des Libanon und Antilibanon nördlich des jüdischen Siedlungsgebietes umfaßte, kann hier nicht gemeint sein, weil es von den Hasmonäern zu keinem Zeitpunkt beherrscht wurde. Wahrscheinlicher ist, daß sich die Aussage auf Galiläa bezieht, das unter ituräischer Herrschaft gestanden hatte, aber schon von Aristobulos' Vorgänger Johannes Hyrkanos I. weitgehend judaisiert und unter hasmonäische Kontrolle gebracht worden war. Die vollständige Eingliederung in den jüdischen Staat geschah demnach unter Aristobulos I., was angesichts der schon bestehenden Bindung relativ leicht gefallen und auch in seiner kurzen Regierungszeit möglich gewesen sein dürfte.

Unklar ist in der Forschung, ob Aristobulos I. auch eigene Münzen prägen ließ. In Frage kommt ein im Vergleich zu den übrigen hasmonäischen Münzen relativ seltener Typ, der auf der Vorderseite die von einem Kranz umgebene hebräische Legende "Yehuda der Hohepriester und die Gemeinde der Juden" und auf der Rückseite ein doppeltes Füllhorn mit Granatapfel trägt. Aufgrund des Namens Yehuda ist dieser Typ einem der beiden gleichnamigen Hasmonäer Judas Aristobulos (104 - 103 v.Chr. bzw. 67 - 63 v.Chr.) zuzuordnen; die bei beiden vergleichsweise kurze Regierungszeit kann keinen Hinweis darauf liefern, von wem diese Münzen stammen. Grundsätzlich ist aber der Beginn der hasmonäischen Münzprägung unter Johannes Hyrkanos I. (135 - 104 v.Chr.) nicht auszuschließen, so daß eine Zuordnung des erwähnten Typs zu Aristobulos I. zumindest möglich erscheint.


 
2.2. Alexander Jannaios (103 - 76 v.Chr.)

Aristobulos' Witwe Alexandra Salome befreite nach dessen Tod seine eingekerkerten Brüder, erhob Alexander Jannaios als den ältesten von ihnen zum König und heiratete ihn. Zu Beginn seiner Regierung umfaßte das Reich der Hasmonäer mit dem eigentlichen Kernland Judäa sowie Idumäa, Samaria und Galiläa das gesamte jüdische Binnenland westlich des Jordan, dazu die ökonomisch bedeutende Küstenebene zwischen Azotus (nördlich von Askalon) und Apollonia (südlich von Stratonsturm) und einen Streifen jüdischen Siedlungsgebietes östlich des Jordan (Peräa).

Im Verlauf der zahlreichen von ihm geführten Kriege brachte Alexander Jannaios vor allem den gesamten, bisher noch nicht von den Hasmonäern beherrschten Teil des Küstenstreifens unter seine Kontrolle, wozu im Süden die Städte Rhinokorura an der Grenze zu Ägypten, Raphia, Gaza und Anthedon sowie im Norden Stratonsturm, Dora und der Berg Karmel zählten. Das noch weiter nördlich gelegene Ptolemais widerstand einer Belagerung und kam zu keinem Zeitpunkt unter jüdische Herrschaft. Allein Askalon wurde von ihm offenbar nicht angegriffen und blieb an der Küste als die einzige selbständige hellenistische Stadt bestehen, da von ihr infolge der isolierten Lage im hasmonäischen Territorium kaum noch eine Gefahr ausgehen konnte und sie gleichzeitig als neutrale Verbindung zur hellenistischen Welt dienen konnte.

Ebenso eroberte er in mehreren Anläufen einen breiten Landstreifen östlich des Jordan, nördlich der schon vor Jannaios' Regierungszeit unter jüdischer Herrschaft stehenden Region Peräa. Dieser Landstreifen reichte von Amathus und Gerasa im Süden bis in die Gaulanitis nordöstlich des Sees Genezareth. Durch die Einnahme des zuvor arabischen Landes der Moabiter und Gileaditer südöstlich und südlich des Toten Meeres stand nun auch der gesamte Uferstreifen dieses Sees unter jüdischer Kontrolle. Alles in allem erreichte er damit die größte Ausdehnung des Hasmonäerreiches und die territoriale Wiederherstellung des altjüdischen Königreiches unter David und Salomon um 1000 v.Chr.

Eine genauere Analyse der Eroberungen ergibt, daß Jannaios neben der Abrundung seiner Territorien und einer allgemeinen Machterweiterung in erster Linie an wirtschaftlich bedeutenden Gebieten interessiert war. Dazu zählte vor allem der Küstenstreifen, dessen Beherrschung die Kontrolle des lukrativen Fernhandels in diesem Teil des Mittelmeeres gewährleistete. Nicht auszuschließen ist gleichfalls, daß Jannaios sich von den Küstenstädten aus am Piratenunwesen im Mittelmeer beteiligte; so kam nach Josephus' Angaben beispielsweise ein großer Teil der von ihm beschäftigten Söldner aus Cilicien, einer der Hauptbastionen der Piraten, und auch seinem Sohn Aristobulos II. wurde später Piraterie vorgeworfen. Mit der Beherrschung des gesamten Toten Meeres (Asphaltites Lacus) hatten die Hasmonäer außerdem ein Monopol über die im See mögliche Gewinnung von Bitumen, Salz etc., auf deren Bedeutung auch Strabo hinweist.

Neben dieser ökonomischen Komponente richtete sich die Eroberungspolitik nicht zuletzt gegen die griechischhellenistischen, allgemein antijüdisch eingestellten Städte an der Küste (Gaza, Stratonsturm etc.) und im Transjordanland (Pella, Dion, Gerasa etc.), deren Einwohner in Verfolgung der traditionellen hasmonäischen Politik gezwungen wurden, den jüdischen Glauben anzunehmen. Taten sie es nicht, wurden sie aus ihrer Stadt vertrieben und im allgemeinen durch jüdische Siedler ersetzt, wie dies in Jannaios' Zeit mit Stratonsturm geschah. Pella dagegen wurde nach der Eroberung sogar zerstört, "weil die Bewohner nicht versprechen wollten, die jüdischen Gebräuche anzunehmen".

Im Innern standen große Teile der Bevölkerung in Opposition zu Jannaios, was bis hin zu einem sechsjährigen, blutigen Bürgerkrieg führte. Als der König etwa 95 v.Chr. beim Laubhüttenfest als Hoherpriester zelebrierte, kam es erstmals zu einer offenen Empörung, da "das Volk" ihm die Legitimation zu diesem Amt absprach. Jannaios ließ seine Söldner gegen die Aufständischen vorgehen und brachte das Land auf diese Weise zunächst wieder unter seine Kontrolle. Nachdem er kurze Zeit später aber eine schwere Niederlage gegen die Nabatäer erlitten hatte, bei der sein Heer aufgerieben wurde und er selbst nur mit knapper Not fliehen konnte, brachen die Unruhen innerhalb des Landes erneut aus. Die folgenden kriegerischen Auseinandersetzungen mit seinen Gegnern zwischen ca. 90 und 85 v.Chr., bei denen nach Angaben des Josephus 50000 Juden ums Leben kamen, schwächten seine Macht jedoch derart, daß er schließlich zu einer Versöhnung bereit war. Jannaios' Gegner forderten jedoch weiterhin seinen Tod und riefen im Jahre 88 v.Chr. den seleukidischen Herrscher Demetrios III. Eukairos zu ihrer Unterstützung herbei. Dieser besiegte Jannaios, woraufhin ein Teil der aufständischen Juden wieder zu dem Hasmonäer überlief und Demetrios sich zurückzog. Die restlichen Aufständischen wurden von Jannaios vernichtend geschlagen, die Überlebenden grausam bestraft; 8000 Oppositionelle flohen daraufhin aus Judäa und kehrten erst nach Jannaios' Tod zurück.

Aus dem Bericht des Josephus ergeben sich wenig Hinweise auf die eigentlichen Gründe des Aufstandes. Nachdem Aristobulos' Witwe Alexandra Salome dessen Bruder Alexander Jannaios noch wegen seiner "Herzensgüte" und "Rechtschaffenheit" zum König bestimmt hatte, heißt es wenig später, das Volk hasse ihn, weil er so viele "Schandtaten" begangen habe; und es haßte ihn derart, daß es auch dann noch seinen Tod forderte, als Jannaios schon zum Einlenken bereit war. Als einzigen konkreten Punkt nennt Josephus den Vorwurf des Volkes, Jannaios sei nicht berechtigt, als Hoherpriester zu amtieren und die Feiern zu zelebrieren, weil er der Sohn einer Gefangenen sei.

Deutlich zeigt sich jedoch, daß ein großer Teil der Bevölkerung in Opposition zu Jannaios stand; andernfalls wäre die Länge und Härte des Bürgerkrieges nicht zu erklären. Die eigentlich treibende Gruppe der Aufstandsbewegung waren dabei die Pharisäer, eine der großen religiösen Bewegungen innerhalb des Judentums. Während sie sich einerseits sehr deutlich vom gewöhnlichen Volk, dem Am ha-arez (Landvolk), durch besondere Reinheitsgebote absonderten, hatten die Pharisäer andererseits großen Einfluß auf die Bevölkerung, da sie wegen ihrer Frömmigkeit angesehen waren und als Schriftgelehrte (Rabbis) auch und vor allem die Träger der religiösen Erziehung des Volkes waren. Daß die Pharisäer die Hauptgegner Jannaios' waren, ergibt sich neben der Andeutung des Josephus, Jannaios sei "ihrem [d.h. der Pharisäer] Übermut entgegengetreten", vor allem aus der talmudischen Überlieferung. So ist dort die Rede von der Verfolgung der Rabbis durch den König Jannaios und von einem Treffen zwischen ihm, seiner Gemahlin Alexandra Salome und dem führenden Pharisäer Simeon b. Shetah, dem auf Betreiben der Königin von Jannaios extra für diese Zusammenkunft Schutz vor Verfolgung und Tod gewährt wurde.

Der ursprüngliche Anlaß, der die Empörung beim Laubhüttenfest zutage treten ließ, war die Abweichung vom pharisäischen Ritus bei diesem Fest. Der Hauptgrund für die Opposition der Pharisäer lag jedoch laut Josephus darin, daß sie die Hasmonäer im allgemeinen und Alexander Jannaios im besonderen nicht für berechtigt hielten, das Amt des Hohenpriesters zu tragen und auszuüben.

Das zeigt sich auch in einer Schilderung des Talmud, in der es heißt, König Jannaios sei auf einem Bankett aufgefordert worden, auf das Hohepriesteramt zu verzichten, weil seine Mutter eine Gefangene gewesen sei; er habe daraufhin die Pharisäer bestraft und verfolgt ("sie erschlugen alle Weisen Israels [d.h. Pharisäer], und die Welt war verwüstet, bis daß Simeon b. Shetah kam und die Thora in ihren alten Platz wieder einsetzte"). Die zuletzt angeführte Talmud-Passage stimmt in den wesentlichen Einzelheiten mit einem Bericht des Josephus überein, in dem dieser allerdings das Ereignis in die Zeit des Johannes Hyrkanos I. verlegt und daraus ableitet, dieser habe sich am Ende seiner Regierungszeit den Pharisäern ab- und den Sadduzäern als deren Gegnern zugewandt. Daß es sich hier um die Schilderung ein und desselben Ereignisses handelt, ergibt sich aus der weitgehenden Übereinstimmung der beiden Berichte. Ein großer Teil der Forschung spricht sich dabei für die zeitliche Einordnung unter Johannes Hyrkanos I. und nicht unter Jannaios aus; dagegen sprechen auf der einen Seite die Aussage Josephus' wie rabbinischer Quellen, Johannes Hyrkanos I. habe mit den Pharisäern sympathisiert und sei breit vom Volk unterstützt worden, und auf der anderen Seite die Hinweise auf Jannaios' pharisäischen Zeitgenossen Simeon b. Shetah und die blutige Verfolgung der Pharisäer sehr viel mehr dafür, das geschilderte Bankett in die Zeit des letzteren Königs einzuordnen.

Während die Pharisäer Alexander Jannaios als Hohenpriester ablehnten, wurde der Königstitel, den die Hasmonäer ebenso usurpiert hatten wie den Hohepriestertitel, nicht angezweifelt, die weltliche Monarchie als solche nicht grundsätzlich abgelehnt. Sie entsprach zweifellos nicht den pharisäischen Idealen eines messianischen Königtums in den Händen der Abkömmlinge Davids, war aber so lange akzeptabel, wie der Einfluß der Pharisäer auf die innere Entwicklung und vor allem ihre religiöse Führungsstellung gewährleistet war. Damit wird auch deutlich, warum die Pharisäer nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt in offene Opposition zu den Hasmonäern getreten waren, die den umstrittenen Hohepriestertitel immerhin schon seit etwa 140 v.Chr. innehatten. Sie konnten die Usurpation dieses Amtes durch die Hasmonäer so lange hinnehmen, wie ihnen selbst genügend Spielraum im Innern des Staates und in religiösen Fragen gelassen wurde. Dazu gehörte nicht zuletzt auch, daß die inneren Angelegenheiten vom Sanhedrin geregelt werden sollten, einem Ratsgremium, das von den Pharisäern bestimmt wurde.

Unter Johannes Hyrkanos I., der auf ihrer Seite stand, war dies noch der Fall; über die kurze Regierungszeit Aristobulos' I. kann in diesem Zusammenhang keine Aussage getroffen werden. Alexander Jannaios dagegen, den Sadduzäern nahestehend, schaffte den pharisäischen Ritus für die Tempelzeremonien ab, und vor allem schränkte er die Mitwirkungsmöglichkeiten des Sanhedrin bei der Führung des Staates ein oder beseitigte diese Versammlung sogar ganz. Darauf weist nach Auffassung vieler Forscher hin, daß Jannaios in der Mitte seiner Regierungszeit, zeitlich also etwa während der Auseinandersetzungen mit den Pharisäern, Münzen prägen ließ mit der griechischen und hebräischen Legende "König Alexander / Yehonathan der König", gegen Anfang und Ende der Regierungszeit dagegen Münzen mit der hebräischen Legende "Yehonathan der Hohepriester und die Gemeinde der Juden". Diese "Gemeinde der Juden" (Hever ha-Yehudim) ist gleichzusetzen mit dem Sanhedrin. Aus dem Nichterscheinen dieser Institution auf dem zuerst genannten Münztyp wird geschlossen, Jannaios habe den Sanhedrin während dieser Zeit in seinen Mitwirkungsmöglichkeiten einzuschränken versucht; die Wiedereinführung des zweiten Münztyps deute entsprechend darauf hin, daß sich Jannaios dann den Pharisäern wieder angenähert habe.

Diese Vorgehensweise, vor allem die Abschaffung oder Entmachtung des Sanhedrin, paßt durchaus zu Jannaios' Politik im allgemeinen. Probleme ergeben sich allerdings bei der Zuordnung der Münzen dadurch, daß solche des Typs "König Alexander / Yehonathan der König" auch mit der Datierung in das 20. und 25. Jahr seiner Regierung, also für 83 und 78 v.Chr. nachgewiesen sind. Sie würden damit aus jener Phase stammen, die allgemein als eine Zeit der Annäherung an die Pharisäer betrachtet wird, und die oben angeführte Chronologie wieder in Frage stellen. Probleme ergeben sich auch daraus, daß eine vergleichsweise große Anzahl von Münzen offenbar vom Typ "König Alexander / Yehonathan der König" zum Typ "Yehonathan der Hohepriester und die Gemeinde der Juden" umgeprägt worden ist, wobei Spuren der alten Inschrift erhalten blieben. Geht man davon aus, daß die Pharisäer primär Anstoß am Hohepriestertitel genommen haben, ist die von einigen Autoren vertretene These, die Münzen seien im Sinne einer Konzession an die Pharisäer umgeprägt worden, nicht mehr haltbar, da hier ja gerade nicht der Hohepriester-, sondern der Königstitel beseitigt worden ist. Eher wäre anzunehmen, diese Münzen seien Zeichen einer Verschärfung des Verhältnisses zwischen König und Pharisäern.

Nach den bisherigen Ausführungen standen die Pharisäer in Opposition zu Alexander Jannaios, weil sie ihre Rolle in der inneren Führung des Landes gefährdet sahen. Daß sich weite Kreise der Bevölkerung dieser Opposition und Aufstandsbewegung anschlossen, ist neben dem Einfluß der Pharisäer auf das Volk nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß letzteres unter den Hasmonäern erhebliche Belastungen zu tragen hatte. Nach der Befreiung von seleukidischer Herrschaft waren die bis zu diesem Zeitpunkt sehr hohen Steuern zunächst gesenkt worden, wofür den Bauern aber zusätzlich die Leistung von Militärdienst auferlegt wurde. Die beinahe ununterbrochenen Kriege, die dann vor allem von Alexander Jannaios geführt wurden, brachten für die Bevölkerung eine erneute Straffung der Verwaltung und Verschärfung der Besteuerung mit sich; dieser Umstand dürfte wesentlich zum Ausbruch der Rebellion beigetragen haben.


 
2.3. Alexandra Salome (76 - 67 v.Chr.)

Vor seinem Tod im Jahre 76 v.Chr. ernannte Jannaios seine Gemahlin Alexandra Salome zur Nachfolgerin in der Königswürde; diese wiederum übertrug das Amt des Hohenpriesters ihrem älteren Sohn Johannes Hyrkanos II. Während der neun Jahre ihrer Regierung verstärkte Alexandra nach Josephus' Angaben ihr Heer weiterhin durch die Anwerbung von Söldnern, "so daß sie die benachbarten Fürsten in Schrecken jagte und von ihnen Geiseln gestellt bekam." In diesem Punkt also setzte sie die Politik ihres Vorgängers fort; anders als Jannaios beschränkte sich Alexandra aber, trotz der ihr zur Verfügung stehenden Militärmacht, weitgehend auf die Sicherung des erreichten Territorialbestandes. Die einzige äußere Gefahr für das Hasmonäerreich stellte in dieser Zeit der armenische König Tigranes dar, der im Jahre 83 v.Chr. das seleukidische Syrien erobert hatte und in den folgenden Jahren nach Süden vorrückte, wo er etwa im Jahre 70 v.Chr. die dem jüdischen Territorium benachbarte Stadt Ptolemais mit Gewalt einnahm. Seinen weiteren Vormarsch gegen Judäa versuchte Alexandra durch die Überbringung reicher Geschenke zu verhindern; noch mehr dürfte jedoch zu Tigranes' plötzlichem Rückzug beigetragen haben, daß der römische Feldherr Lucullus gerade zu diesem Zeitpunkt in Armenien eingefallen war.

Im innenpolitischen Bereich waren die Jahre unter Alexandra Salome vor allem geprägt von einer völligen Kehrtwendung zugunsten der zuvor von Jannaios verfolgten Pharisäer. Indem sie mit diesen Frieden schloß, folgte sie laut dem Bericht des Josephus einem Rat, den Alexander Jannaios ihr kurz vor seinem Tod gegeben hatte. Es sollte gewährleistet werden, daß das mit den Pharisäern sympathisierende Volk die Regierung unterstützte und die Stabilität des Landes nicht durch neue Aufstände gefährdete. Die Pharisäer stiegen zur mächtigsten Gruppierung im Staat auf; ihre unter Jannaios abgeschafften Gesetze wurden wieder eingeführt, und auch im Sanhedrin waren es die Pharisäer, die von nun an die Geschicke des Landes bestimmten.

Dies allerdings ging so weit, daß sie nun ihrerseits diejenigen verfolgten, die unter Jannaios ihre Gegner gewesen waren. Diese Gruppierung, die Sadduzäer, protestierten daraufhin unter Führung von Alexandras jüngerem Sohn Aristobulos II. bei der Königin und drohten an, als Heerführer in nabatäische Dienste zu treten, sofern nicht sämtliche Festungen des Hasmonäerreiches ihrem Kommando unterstellt würden. Alexandra gab dieser Forderung nach, wobei sie allerdings mit Alexandreion, Hyrkania und Machaerus die drei wichtigsten Burgen in ihrer eigenen Hand behielt. Insgesamt gab die Königin damit Aristobulos II. und seinen Anhängern die Ausgangsbasis für einen weiteren Bürgerkrieg, wie sich im folgenden herausstellen sollte.

In der jüdischen Überlieferung blieb die Zeit der Alexandra Salome alles in allem als eine Phase des Friedens und des materiellen Reichtums in Erinnerung, die in positivem Kontrast stand zu den darauf folgenden Ereignissen, welche das Ende der selbständigen Existenz eines jüdischen Staates bringen sollten.


 
2.4. Exkurs: Das Verhältnis des Hasmonäerreiches zu Rom und anderen Mächten bis zur Unterwerfung durch Pompeius im Jahre 63 v.Chr.

In ihrem Bemühen um Unabhängigkeit von Syrien hatten sich die Hasmonäer im 2. Jahrhundert v.Chr. noch vergleichsweise deutlich an Rom orientiert und sich darum bemüht, dort Unterstützung für ihr Unabhängigkeitsstreben zu finden. Da Rom wiederum durchaus an einer Schwächung Syriens interessiert war, wurden in dieser Zeit mehrere Senatsbeschlüsse zugunsten der Juden gefaßt. Diesem guten Verhältnis entspricht, daß die Römer in der jüdischen Literatur dieser Zeit noch eine idealistische Darstellung fanden; das zeigt sich beispielsweise im 1. Makkabäerbuch, das während der Regierungszeit von Johannes Hyrkanos I. (135 - 104 v.Chr.) verfaßt wurde.

Der letzte Beschluß des römischen Senats, der die Juden gegen das seleukidische Syrien unterstützen sollte, stammt etwa aus dem Jahre 107 v.Chr.; aus der darauf folgenden Zeit bis 63 v.Chr. sind keine diplomatischen Kontakte mehr bekannt. Die Gründe für das Einschlafen der Beziehungen sind auf beiden Seiten zu suchen. Wegen der zunehmenden Schwäche Syriens durch innere Auseinandersetzungen stellte dieser Staat keine Gefahr mehr für das Hasmonäerreich dar, das im Gegenteil in diesen Jahren zu einer der größten Militärmächte der Region aufstieg. Die Hasmonäer waren damit nicht mehr auf römische Hilfe für die Sicherung und den Ausbau ihrer Stellung angewiesen. Von römischer Warte aus gesehen verlor Judäa seine bisherige Rolle als Bollwerk gegen Syrien, da von diesem desolaten Staatsgebilde kaum noch eine Gefahr für die Machtinteressen Roms ausgehen konnte. Zusätzlich lenkten die innerrömischen Auseinandersetzungen der Bürgerkriegszeit sowie die zunehmende Bedrohung durch Mithradates VI. von Pontus in Kleinasien die römische Aufmerksamkeit eher vom syrisch-jüdischen Raum ab.

Die Hasmonäer pflegten stattdessen diplomatische Kontakte zu den ihnen geographisch näher liegenden Mächten im Nahostbereich. Im Falle der schon erwähnten Gesandtschaft Alexandra Salomes zu König Tigranes von Armenien ergab sich das zwangsläufig aus der militärischen Lage; daneben heißt es in rabbinischen Quellen, Alexander Jannaios habe eine parthische Gesandtschaft sehr freundlich bei sich aufgenommen.73 Daraus und aus den - Rom zweifellos wenig gelegen kommenden - Aktivitäten insbesondere Alexander Jannaios' in der Piraterie und gegen die hellenistischen Städte aber eine Gegnerschaft zwischen Rom und Judäa herzuleiten, dürfte für diese Zeit noch zu weit gehen.

 
2.5. Der Bürgerkrieg zwischen Aristobulos II. und Hyrkanos II. (67 - 63 v.Chr.)

Der Protest der sadduzäischen ehemaligen Ratgeber Alexander Jannaios' gegen die Verfolgung durch die Pharisäer hatte dazu geführt, daß Alexandra Salome ersteren die Verfügungsgewalt über die meisten Festungen des Landes übergeben hatte; von dort aus bereiteten die Sadduzäer nun ihren Aufstand gegen die Königin vor. Dahinter stand neben der Überzeugung Aristobulos', der für die Nachfolge vorgesehene Hyrkanos II. sei ungeeignet für die Regierung, vor allem die Befürchtung, unter seiner Herrschaft würden die Pharisäer völlig uneingeschränkt über das Land bestimmen und die Sadduzäer weiter verfolgen. Ein Ansatzpunkt für die Erhebung ergab sich, als Alexandra gegen Ende ihrer Regierungszeit schwer erkrankte. Aristobulos warb weitere Söldner an und brachte den größten Teil des Landes unter seine Kontrolle; die Königin starb jedoch, noch bevor es zu größeren militärischen Auseinandersetzungen um die Herrschaft kam.

Nach ihrem Tod wurde der bisherige Hohepriester Hyrkanos II. im Jahre 67 v.Chr. mit Unterstützung der pharisäischen Schriftgelehrten rechtmäßiger Nachfolger Alexandra Salomes in der Königswürde; damit lagen die beiden höchsten Ämter des Hasmonäerreiches wieder in einer Hand. In den folgenden offenen militärischen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Brüdern siegte Aristobulos, nachdem sich ein großer Teil der Bevölkerung und der Soldaten auf seine Seite gestellt hatte. Die Kontrahenten kamen überein, daß Aristobulos Hoherpriester und König werden und Hyrkanos sich aus dem öffentlichen Leben zurückziehen sollte, ohne von Aristobulos weiter behelligt zu werden.

Das Eingreifen des Idumäers Antipater, Vaters des späteren Königs Herodes, zugunsten Hyrkanos' führte jedoch wenig später dazu, daß die Auseinandersetzungen wieder auflebten. Dieser Idumäer war nach Josephus' Aussagen reich und einflußreich und hatte enge Verbindungen zur hasmonäischen Königsfamilie; so hatte er vermutlich wie sein Vater das Amt eines Statthalters von Idumäa inne. Josephus nennt zwei Gründe für seine Aktivitäten: zum einen sei er mit Aristobulos verfeindet gewesen und hätte nun, da dieser an die Macht gekommen sei, Verfolgung zu befürchten. Zum anderen hätte er beabsichtigt, hinter einem König und Hohenpriester Hyrkanos die eigentliche Macht auszuüben, was nach der Lage der Dinge nun nicht mehr möglich war. Antipater brachte zunächst "die Vornehmen der Juden" gegen Aristobulos mit dem Argument auf, er sei nicht der legitime Herrscher, und sicherte auf diese Weise ihre Unterstützung für Hyrkanos. In einem weiteren Schritt überredete er diesen, zum Nabatäerkönig Aretas III. zu fliehen, da sein Leben in Jerusalem nicht vor Aristobulos sicher sei; Aretas wiederum versprach auf Betreiben Antipaters, Hyrkanos militärisch gegen Aristobulos zu unterstützen, wofür ihm die Rückgabe von zwölf Städten südlich des Toten Meeres versprochen wurde, die von Jannaios erobert worden waren.

Aretas zog daraufhin wie vereinbart mit einem Heer gegen Aristobulos, besiegte ihn und belagerte ihn schließlich im April 65 v.Chr. im Tempel von Jerusalem; der größte Teil des Volkes wandte sich dem neuen Machthaber Hyrkanos zu, so daß Aristobulos fast alle Anhänger verlor. Die Niederlage und Unterwerfung des im Tempel Belagerten war damit absehbar; in dieser Situation jedoch erschienen die Römer auf der Bildfläche Judäas und veränderten die Sachlage völlig.


 
3. Die römische Politik gegenüber Judäa und die Neuordnung durch Pompeius

3.1. Hintergründe der Aktivitäten

Im Jahre 69 v.Chr. hatte L. Licinius Lucullus den armenischen König Tigranes besiegt, der zu diesem Zeitpunkt auch Herrscher über Syrien war, und dort an dessen Stelle mit Antiochos XIII. Asiatikos einen Nachkommen des legitimen syrischen Königshauses als Herrscher über das Land eingesetzt. Seit diesem Zeitpunkt stand Syrien also als abhängiges Königreich unter indirektem römischem Einfluß. Da dieser König jedoch nicht in der Lage war, die Kontrolle über das Land zu behalten, ergab sich in der Folge ein mehrjähriger Bürgerkrieg, in dessen Verlauf die Römer zeitweise auch Antiochos' Konkurrenten Philipp II. unterstützten. Angesichts dieser Probleme übernahm Pompeius Syrien im Jahre 64 v.Chr. endgültig als Provinz und unterwarf das Gebiet damit direkter römischer Herrschaft.

Dieser Schritt machte es fast unvermeidlich, daß die Römer ihren Einfluß auch auf Judäa auszudehnen suchten, dessen Lage an der Mittelmeerküste von großer strategischer Bedeutung war; das galt um so mehr, wenn Pompeius tatsächlich die in den Antiquitates angedeutete Absicht hatte, auch das südöstlich von Judäa im Binnenland gelegene Nabatäa unter seine Kontrolle zu bringen. Auch politisch hatte die zumindest bis zum Ende des 2. Jahrhunderts v.Chr. von den Römern unterstützte Unabhängigkeit Judäas ihren Wert verloren, da sie der Schwächung des Seleukidenstaates in Syrien gedient hatte und nun einer römischen Provinz Syrien im Gegenteil gefährlich werden konnte.

Dazu kam außerdem, daß die Politik der Hasmonäer in wesentlichen Punkten nicht mit römischen Interessen übereinstimmte, wenn die jüdischen Herrscher mindestens seit Alexander Jannaios beispielsweise Kontakte zu Roms Hauptgegnern im Osten hielten und die griechischen Städte der Region eroberten und teilweise zerstörten. So begründet Cassius Dio das Vorgehen Pompeius' gegen die Juden damit, daß diese Phönizien, d.h. den hellenistischen Küstenstädten, Gewalt angetan hätten; in ähnlicher Weise berichtet Diodor, Pompeius habe den Juden vorgeworfen, sie hätten Gesetze gebrochen und den Römern Unrecht zugefügt. Nach dem Kontext kann sich diese Aussage nur auf Ereignisse vor der Eroberung Judäas im Jahre 63 v.Chr. und damit noch am ehesten auf die Aktionen gegen die griechischen Städte durch Jannaios und seine Nachfolger beziehen. Nicht ausgeschlossen ist auch, daß von den jüdischen Häfen wie vor allem Joppe aus Piraterie betrieben wurde, die gerade von Pompeius erbittert bekämpft worden war; diesen Vorwurf jedenfalls erhob Hyrkanos II. vor Pompeius gegen Aristobulos II.

Der Thronstreit der Hasmonäer bot mit der Bitte der beiden Brüder um Unterstützung einen willkommenen Anlaß für die Römer, in die Geschehnisse in Judäa einzugreifen und ihren Einfluß auf die Region auszudehnen. Insofern ist es auch nur die halbe Wahrheit, wenn Josephus die Schuld für die Unterwerfung Judäas durch Rom allein bei den sich um die Herrschaft streitenden Brüdern Aristobulos und Hyrkanos sieht.


 
3.2. Das Eingreifen der Römer in den Bürgerkrieg

Nach der Eroberung von Damaskus im Jahre 65 v.Chr. schickte Pompeius seinen Quaestor M. Aemilius Scaurus, um die Stadt in römische Herrschaft zu übernehmen. Nach der Schilderung des Josephus im Bellum erfuhr Scaurus in Damaskus vom gegenwärtigen Thronstreit in Judäa und brach darauf dorthin auf, "wie wenn er ein besonderes Geschäft zu machen gedächte". Nach derjenigen in den Antiquitates machte er sich sofort auf den Weg nach Judäa und erfuhr erst während der Reise vom Thronstreit. Der genaue Ablauf ist heute sicherlich nicht mehr zu klären; in jedem Fall aber ist davon auszugehen, daß ein Vordringen nach Judäa von vornherein zumindest in Betracht gezogen wurde, daß sich aber Scaurus auch schon vor seinem Aufbruch nach Süden über die Lage dort informiert hat.

Gesandte der beiden streikenden Parteien wandten sich an Scaurus mit der Bitte um Unterstützung, die zumindest Aristobulos noch mit einem Geldgeschenk untermauerte. Scaurus entschied sich für Aristobulos, wobei dessen Geldgeschenk, seine energische Persönlichkeit oder voraussehbaren die Schwierigkeiten bei einer Belagerung des Tempelberges bei der Entscheidun eine Rolle gespielt haben dürfte. Den Belagerungstruppen von Aretas und Hyrkanos wurde der Abzug befohlen und im Falle der Weigerung das Eingreifen Pompeius' mit dessen römischem Heer angedroht. Aretas beendete die Belagerung des Tempels daraufhin und wurde auf dem Rückzug von Aristobulos geschlagen, der damit wieder die volle Kontrolle über das Land innehatte. Diese Ereignisse sind in das Jahr 64 v.Chr. einzuordnen.

Vor Pompeius selbst erschienen Gesandtschaften der beiden Bürgerkriegsparteien erstmals im Winter 64/63 v.Chr. in Antiochia und baten um Unterstützung; der römische Feldherr vertagte die Entscheidung allerdings zunächst bis zu seiner geplanten Anwesenheit in Damaskus im Frühjahr 63 v.Chr. Zu diesem Zeitpunkt wurden die beiden Brüder persönlich vorstellig, außerdem kam eine Delegation des jüdischen Volkes. Hyrkanos berief sich, unterstützt von "über tausend der vornehmsten Juden", auf die Rechtmäßigkeit seiner Herrschaftsansprüche und klagte Aristobulos an, dieser habe ihn des Thrones und eines großen Teils des Landes beraubt und betreibe außerdem Piraterie an den Küsten Judäas. Aristobulos überreichte erneut ein kostbares Geschenk und vertrat die Ansicht, Hyrkanos sei zu träge für die Ausübung der Herrschaft; er selbst habe die Regierung übernommen, um das Land nicht in fremde Hände geraten zu lassen. Als Zeugen traten auf seiner Seite "stutzerhaft gekleidete Jünglinge" auf, die ob ihres Verhaltens keinen besonders guten Eindruck machten. "Das Volk, das überhaupt von der Königsherrschaft nichts wissen wollte, ließ vorbringen, bei ihnen sei es alte Sitte, daß sie nur den Priestern des von ihnen verehrten Gottes zu gehorchen brauchten; diese beiden Nachkommen von Priestern aber suchten dem Volke eine andere Regierungsform aufzudrängen, um es in Sklaverei zu bringen."

Entgegen der "allgemein akzeptierten Ansicht", die Pharisäer als die eine große Gruppierung im jüdischen Volk hätten den ihnen zweifellos nahestehenden Hyrkanos II. unterstützt und die zuletzt genannte dritte Delegation sei folglich von einer weiteren Gruppierung gestellt worden, ist m.E. davon auszugehen, daß es hier doch die Pharisäer waren, die vor Pompeius die Wiederherstellung der Theokratie forderten. Kaum jemand anders als sie hätten das Volk vertreten können, auf das sie großen Einfluß ausübten, zumal auch nirgends von einer weiteren Gruppe, etwa im Sinne einer unabhängigen Volksvertretung neben den Pharisäern und den hier nicht in Frage kommenden Sadduzäern die Rede ist. Ursprünglich hatten sich die Pharisäer nur gegen das Hohepriestertum der Hasmonäer, speziell Alexander Jannaios', gewandt und ihnen das Königtum belassen wollen, das sie als die Repräsentanz der äußeren Macht des Staates verstanden. Damit hatte sich die Hoffnung verbunden, die Lenkung der inneren Angelegenheiten werde in etwa ihren religiös geprägten Vorstellungen entsprechen. Als dies unter Jannaios und dann vor allem während des ruinösen Bürgerkrieges immer weniger der Fall war, setzten die Pharisäer sich schließlich vor Pompeius für die völlige Abschaffung der Hasmonäerherrschaft zugunsten der traditionellen Theokratie mit der Leitung des Staates durch den Sanhedrin und den Hohenpriester ein.

Pompeius hörte die Gesandtschaften an, verschob seine Entscheidung aber erneut bis zur Beendigung des geplanten Feldzuges gegen die Nabatäer und forderte die Brüder auf, bis zu diesem Zeitpunkt Frieden zu halten und ihn zu begleiten; dabei "sprach er [dem Aristobulos] besonders gnädig zu, damit er das Volk nicht aufwiegle und ihm selbst nicht die Zugänge abschneide." Dabei kann mit einiger Sicherheit davon ausgegangen werden, daß sich Pompeius im stillen schon für den für seine Zwecke erheblich geeigneteren, da weniger ehrgeizigen Hyrkanos entschieden hatte und diese Entscheidung nur noch nicht publik machte, um den Rivalen Aristobulos nicht im Rücken zu haben; andernfalls hätte er hier die Entscheidung Scaurus' für Aristobulos einfach bestätigen können.

Aristobulos, der diese Zusammenhänge offenbar erkannte, verließ Pompeius vorzeitig und zog sich auf die Festung Alexandreion im Jordantal zurück. Pompeius gab daraufhin die beabsichtigte Nabatäerkampagne auf, zog hinterher und verhandelte vor Alexandreion mit Aristobulos; der Aufforderung, sämtliche unter seinem Befehl stehenden Festungen zu übergeben, kam dieser auf Anraten seiner Vertrauten schließlich nach. Dann allerdings zog er sich nach Jerusalem zurück, um von dort aus gegen Pompeius Krieg zu führen. Als das römische Heer vor Jerusalem stand, bot Aristobulos angesichts der militärischen Übermacht der Römer eine Geldzahlung und die Unterwerfung der Stadt sowie der eigenen Person unter römische Botmäßigkeit an; Pompeius "möge vom Krieg ablassen und im Frieden alles nach seinem Gutdünken ordnen". Dabei ist davon auszugehen, daß diese Unterwerfung als vollgültige Dedition Aristobulos' zu betrachten ist.

Unter deditio ist zu verstehen die freiwillige rechtliche Selbstvernichtung eines Staates mit dem Ziel, eine gewaltsame Eroberung durch den überlegenen Gegner mit den entsprechenden Begleiterscheinungen wie Plünderungen etc. zu verhindern. Ihre rechtlichen Folgen sind grundsätzlich die gleichen wie diejenigen einer Eroberung, d.h. die volle Verfügungsgewalt - dicio - über den ehemaligen Staat, dessen Besitz und Bewohner geht in die Hände des Siegers über. Sie wird grundsätzlich im römischen Lager, das fiktiv als römischer Boden gilt, vollzogen, da es als Zeichen der Schwäche betrachtet wird, sich in das Lager des Gegners zu begeben; nur zum Zweck der Dedition hielten sich fremde Feldherren überhaupt im römischen Lager auf, denn Verhandlungen im allgemeineren Sinne fanden auf neutralem Boden statt. Von Seiten der sich Dedierenden aus konnten keine Bedingungen für eine Dedition gestellt werden (etwa im Sinne eines Anspruchs auf Schonung durch den römischen Feldherrn); von Seiten der Römer aus aber wurden für die Annahme der Dedition die Abgabe der Waffen, Stellung von Geiseln und die Übernahme der Kriegskosten durch den Dedierten sowie die Auslieferung der feindlichen Führer vorausgesetzt.

Aus der Schilderung des Josephus ergibt sich, daß zumindest ein Teil dieser Bedingungen wie die Zahlung von Geld und die (Selbst-) Auslieferung Aristobulos' erfüllt wurde, ebenso wie die Dedition ordnungsgemäß im römischen Lager vor Jerusalem stattfand. Die tatsächliche Herrschaftsübernahme allerdings gehörte gleichfalls als wesentlicher Bestandteil zur Dedition; wurde sie vereitelt, war auch die Dedition hinfällig, und stattdessen wurde das gegnerische Gebiet erobert und nach dem Kriegsrecht behandelt. Genau das geschah in diesem Fall: Pompeius nahm die Unterwerfung an und schickte Aulus Gabinius, um die Stadt sowie das Geld zu übernehmen; von Aristobulos' Anhängern in Jerusalem, die offenbar mit der Unterwerfung nicht einverstanden waren und denen möglicherweise auch der bindende Charakter der Dedition nicht ganz klar war, wurde ihm der Einlaß jedoch verweigert. Aristobulos wurde daraufhin von Pompeius gefangengenommen; seine Anhänger zogen sich auf den Tempelberg zurück, während die zahlenmäßig überlegenen Anhänger des Hyrkanos die restliche Stadt den Römern übergaben.

Nach einer dreimonatigen Belagerung, bei der Pompeius von den Anhängern Hyrkanos' unterstützt wurde, nahmen die Römer den Tempel im Juli/August 63 v.Chr. ein, wobei nach Josephus' Angaben 12000 Juden - zum Teil durch die Hand der Römer, zum Teil durch die der eigenen Landsleute - ums Leben kamen. Pompeius betrat das Allerheiligste des Tempels, rührte den dort vorgefundenen Tempelschatz jedoch nicht an und ließ den Tempel danach wieder reinigen.

In den pharisäischen Psalmen Salomons spiegelt sich die Eroberung Jerusalems durch die heidnischen Römer "als göttliche Strafe für die Sünden des Volkes" und insbesondere der Hasmonäerfürsten, deren Lebensweise längst nicht mehr den religiösen Vorstellung der Pharisäer entsprach. Pompeius allerdings handelte in ihrem Augen genauso schändlich, insbesondere dadurch, daß er das Allerheiligste des Tempels betrat und dadurch entweihte: "In [seiner] Barbarei tat der Feind Vermessenes, und sein Herz war ferne von unserem Gott. Und alles, was er in Jerusalem tat, war ganz, wie es die Heiden in den von ihnen bezwungenen Städten zu tun pflegen." Der Groll ging so tief, daß die Juden im Jahre 115 n.Chr., also fast 200 Jahre später, sein Grabmal in Alexandria zerstörten. Auch im HabakkukKommentar aus Qumran werden die "letzten Priester Jerusalems", d.h. die hasmonäischen Hohenpriester, mit ihren Missetaten verantwortlich gemacht für das Unglück des jüdischen Volkes. Mit den Kittim, die als Vollstrecker der Strafe auftreten, sind auch hier die Römer gemeint: "Its interpretation [der Textstelle von Hab. 2,8a: "Because you have plundered many nations, all the remnant of the peoples shall plunder you"] concerns the Last Priests of Jerusalem, who shall amass money and wealth by plundering the peoples. But in the last days their riches and booty shall be delivered into the hands of the Kittim, for it is they who are the remnant of the peoples."

Von römischer Seite aus bezieht sich wahrscheinlich eine von dem Aedilen A. Plautius im Jahre 54 v.Chr. herausgegebene Münze auf die Einnahme Judäas durch Pompeius. Sie zeigt die Büste einer Frauengestalt mit turmähnlichem Kopfschmuck sowie die Umschrift "BACCHIVS IVDAEVS"; vor dem Hintergrund der damals in Rom herrschenden Auffassung, die Juden verehrten den Gott Bacchus im Jerusalemer Tempel, wird die Umschrift gedeutet als "der jüdische Bacchuspriester" und die Bezeichnung gleichgesetzt mit dem jüdischen Hohenpriester. Davon abweichend nehmen einige Forscher an, die Münze beziehe sich auf die Unterwerfung eines kleineren jüdischen Dynasten namens Bacchius; so weist Schalit auf die im griechischen Osten durchaus gebräuchliche Verwendung des Eigennamens Bacchius hin. Dennoch ist es m.E. zweifelhaft, ob ein derartiges Ereignis von vergleichsweise geringer Bedeutung seine Würdigung tatsächlich in der Münzprägung gefunden hätte; die Gleichsetzung von BACCHIVS IVDAEVS mit den hasmonäischen Hohenpriestern erscheint damit naheliegender.


 
3.3. Die Neuorganisation des ehemaligen Hasmonäerreiches

Das Recht Pompeius', die Verhältnisse in Syrien und Judäa nach seinen Vorstellungen neu zu regeln, ergab sich aus der faktischen wie juristischen Vernichtung der dortigen Staaten; die von Pompeius getroffenen Anordnungen sind damit als konstitutiver Akt zu verstehen, der neue Formen staatlicher Organisation an die Stelle der alten setzte.

Judäa wurde dabei im Vergleich zu den übrigen Staaten dieser Region wie Ituräa und Nabatäa relativ hart behandelt; im Rahmen der territorialen Neuregelung verlor das ehemalige Hasmonäerreich rund ein Drittel seines bisherigen Gebietes. Nach den Angaben des Josephus trennte Pompeius die folgenden griechischhellenistischen Städte von Judäa ab: Gadara, Hippos, Skythopolis, Pella, Dion, Samaria, Marissa, Azotus, Jamnia, Arethusa, Gaza, Joppe, Dora und Stratonsturm; außerdem gehören in diese Gruppe Apollonia, Anthedon, Raphia und Abila. Aus dieser Aufstellung ergibt sich, daß Judäa einen großen Teil des Landes östlich des Jordan, zumindest Teile von Samaria, den westlichen Teil von Idumäa sowie den gesamten, bisher von den Hasmonäern beherrschten Küstenstreifen verlor. Übrig blieben zum einen Galiläa im Norden und, territorial davon getrennt, das jüdische Kernland mit den vier Toparchien Lydda, Ramathain, Apharaema und Acraba, das östliche Idumäa und, als ein schmaler Streifen östlich des Jordan, Peräa mit Amathus und Machaerus.

Deutlich wird, daß Pompeius mit dieser territorialen Neuordnung neben der politischen Schwächung verschiedene Ziele verfolgte. So trennte er vor allem die erst im ersten Viertel des 1. Jahrhunderts v.Chr. durch Alexander Jannaios eroberten Gebiete wieder vom jüdischen Staat ab; dazu zählten vor allem die Küstenebene und das Transjordanland, während die gleichfalls von Jannaios unterworfenen Gebiete südlich des Toten Meeres schon von Hyrkanos II. an den Nabatäer Aretas III. zurückgegeben worden waren. Entsprechend heißt es bei Josephus ähnlich wie bei Strabo, Pompeius habe den Juden die von ihnen eroberten Städte wieder abgenommen, diejenigen Städte also, die sich erst seit vergleichsweise kurzer Zeit in jüdischem Besitz befanden.

Mit seiner Regelung erreichte Pompeius gleichzeitig die Trennung jüdischen und griechischen Siedlungsgebietes, da fast alle der hasmonäischen Herrschaft entzogenen Städte dem hellenistischen Kulturkreis angehörten und von den Hasmonäern aus diesem Grund unterdrückt worden waren, von Pompeius jetzt jedoch aus demselben Grund bevorzugt wurden. Das Prinzip der Trennung jüdischen und griechischen Territoriums wurde jedoch nicht in allen Fällen durchgehalten, insbesondere im Falle der Küstenstadt Joppe, die schon von dem Makkabäer Simon in der Mitte des 2. Jahrhunderts v.Chr. dem jüdischen Staat angegliedert worden war und seit langem von einer jüdischen Bevölkerung bewohnt wurde. Es kann davon ausgegangen werden, daß Pompeius hier bezweckte, dem restlichen Judäa keinen direkten Zugang mehr zum Mittelmeer zu gewährleisten und es damit sowohl vom profitablen Seehandel als auch von der Piraterie fernzuhalten. Angestrebt wurde dabei also die empfindliche Schwächung der wirtschaftlichen Kraft Judäas, das nun neben Jerusalem auch keine größeren Städte mehr aufzuweisen hatte.

Nach dem Bericht des Josephus gab Pompeius "die [griechischen] Städte ihren früheren Bewohnern zurück" und befahl, soweit notwendig, ihren Wiederaufbau, der allerdings meist erst unter dem ersten römischen Statthalter der Provinz Syrien, Aulus Gabinius, ausgeführt wurde. Die Städte erhielten einen relativ privilegierten Status, da sie für frei bzw. autonom erklärt wurden, was auch die weitgehende Wiederherstellung ihrer alten Rechte bedeutete. Darauf weisen sowohl die Schilderung des Josephus hin als auch die Tatsache, daß die meisten von ihnen nach dem Zeugnis der erhaltenen Münzen und Inschriften den Titel "pompeianisch" oder "gabinianisch" bzw. die entsprechende Ära entweder im Jahre 63 v.Chr. oder kurz danach annahmen.

Damit waren sie als civitates liberae formell von Rom unabhängig, wenn in diesem Status auch nicht gesichert durch ein Vertragsverhältnis (foedus); faktisch standen sie dennoch unter römischer Oberhoheit und waren insofern, wie in diesem Falle von Josephus berichtet, auch dem römischen Provinzstatthalter unterstellt. Die Autonomie galt für die inneren Angelegenheiten wie Gesetzgebung, Gerichtshoheit, Erhebung von Zöllen, ebenso wie keine römische Garnison als Zeichen der Unterwerfung in den freien Städten stationiert wurde. Civitates liberae waren offenbar nicht ausgenommen von indirekten Leistungen wie der Stellung von Schiffen oder von Naturallieferungen (frumentum imperatum) als Ersatz für unmittelbaren militärischen Beistand ( ), insofern also nicht automatisch frei von jeglichen Leistungen für das römische Reich. Befreit waren sie jedoch von direkten Steuern (tributa oder ), die als Zeichen der Knechtschaft galten; hierin liegt damit der entscheidende Unterschied zu den nichtprivilegierten Gemeinden, deren innere Selbständigkeit zwar gleichfalls weitgehend aufrechterhalten wurde, die aber direkte Steuern zu zahlen hatten.

Einige der solcherart von hasmonäischer Herrschaft befreiten Städte werden von den Schriftstellern Plinius und Ptolemaios als Angehörige der "Dekapolis" genannt, einer Art von Städtebund, der offenbar in der Zeit des Pompeius entstanden ist. Zu nennen sind hier Skythopolis - als einzige Stadt dieses Zusammenschlusses westlich des Jordan -, Pella, Gadara, Hippos und Dion. Dazu kamen das ehemals ituräische Kanatha sowie Philadelphia und Gerasa, die unter der Herrschaft des Tyrannen Theodor gestanden hatten. Möglicherweise gehörten auch Abila und das nicht eindeutig identifizierte Raphana von Anfang an dazu; für Damaskus gilt das wahrscheinlich erst später. Mit Ausnahme von Raphana und Damaskus ist für alle genannten Städte die pompeianische Ära, beginnend mit der Befreiung im Jahre 63 v.Chr., nachgewiesen; mit Ausnahme von Kanatha und Damaskus bildeten die Territorien dieser Städte ein zusammenhängendes Gebiet. Darüber und über den auch für die anderen griechischen Städte geltenden Status der Autonomie hinaus gibt es keine Hinweise auf die Organisationsstruktur oder irgendeine Form von Zusammenschluß oder Zusammenarbeit zwischen diesen Städten; möglicherweise war "Dekapolis" damit nicht viel mehr als eine Bezeichnung für die Region.


 
3.4. Der Status Judäas nach der Neuordnung

Welchen genauen juristischen Status innerhalb des römischen Einflußgebietes die Reste des hasmonäischen Reiches durch Pompeius erhielten, ist aus den Quellen nicht genau ablesbar; strittig ist vor allem die Frage, ob Judäa als abhängiger, aber formell selbständiger Staat unter Hyrkanos II. als Ethnarch weiterbestand, oder ob es in die Provinz Syrien eingegliedert und der Aufsicht des dortigen römischen Statthalters unterstellt wurde. Die einzige direkte Aussage zum neuen Status Judäas findet sich bei Ammian: Verum has quoque regiones [scil. Palaestinae] pari sorte Pompeius, Iudaeis domitis et Hierosolymis captis, in provinciae speciem delata iuris dictione formavit. Diese Stelle kann jedoch kaum als Argument für die Konstituierung als Provinz gelten, da historische Genauigkeit wegen des zeitlichen Abstands von vier Jahrhunderten zu den Ereignissen kaum noch angenommen werden kann. Plutarch und Diodor erwähnen die Unterwerfung Judäas bzw. des Königs Aristobulos II. Aus der Schilderung Plutarchs ergibt sich außerdem, daß Syrien als Provinz eingerichtet wurde, nicht jedoch, was nach der Unterwerfung mit Judäa geschah: Pompeius "stieg selbst nach Syrien hinab und machte dieses Land mit der Begründung, daß es keine rechtmäßigen Herrscher habe, zur Provinz und zum Eigentum des römischen Volkes, unterwarf Judäa und nahm den König Aristobulos gefangen." Für eine ansatzweise Lösung der Frage ist daher zunächst grundsätzlich zu klären, welche Merkmale bestimmend für eine römische Provinz in republikanischer Zeit waren.

Grundsätzlich wurde eine römische provincia als ein geographisch fest umrissenes Gebiet betrachtet, das in erster Linie als Kompetenzbereich des Statthalters im militärischen Sinne galt. Aufenthalt oder Operationen außerhalb dieses Gebietes waren prinzipiell verboten; Ausnahmen von dieser Regel galten vor allem dann, wenn ein Überschreiten der Grenzen aus militärischen oder strategischen Gründen notwendig schien, beispielsweise um Unruhen in angrenzenden Gebieten nicht auf die Provinz übergreifen zu lassen. Da dem Statthalter in der Provinz nur wenige römische Beamte zur Seite standen und der Aufbau einer römischen Provinzialadministration dadurch kaum möglich war, wurden die bis zur Eingliederung in das Römische Reich in dem jeweiligen Gebiet bestehenden Verwaltungsstrukturen und Abgabensysteme weitgehend unverändert übernommen, jedoch in einer Art Grundgesetz der Provinz (lex provinciae) für jeden einzelnen Fall festgelegt. Für die Provinzen bedeutete das die Aufrechterhaltung weitgehender innerer Autonomie und Selbstverwaltung.

Anders als im Falle der abhängigen Königreiche und der privilegierten civitates liberae bzw. foederatae beinhaltete diese innere Eigenständigkeit jedoch nicht die Freiheit von der statthalterlichen Gerichtsbarkeit und vor allem von der Zahlung direkter Steuern; beides wurde betrachtet als Zeichen der Knechtschaft und Unfreiheit, ebenso wie die Provinzialisierung allgemein als eine "Perpetuierung der Dedition" bezeichnet werden kann. Konkret bedeutete dies, daß die Einwohner der abhängigen Königreiche wie der freien Städte nur indirekte Unterstützung für Rom und insbesondere für das römische Heer zu erbringen hatten. Die sogenannten civitates stipendiariae im nichtprivilegierten Provinzgebiet mußten darüber hinaus - als wesentliches Kennzeichen ihrer Untertänigkeit - regelmäßige direkte Steuern (tributa oder stipendia) zahlen, die nach einem Ausspruch Ciceros in vielen Fällen den Stellenwert einer Kriegsentschädigung nach der Eroberung des betroffenen Gebietes hatten: quasi victoriae praemium ac poena belli. Soweit es möglich war, wurde zur Einschränkung des Verwaltungsaufwandes das von den bisherigen Herrschern über das Gebiet praktizierte Besteuerungssystem beibehalten. Diese Steuern wurden im allgemeinen durch publicani eingetrieben, d.h. durch römische Bürger, die die entsprechende Provinz als Steuerbezirk gepachtet hatten; die Tätigkeit von publicani kann damit als sicherer Hinweis für die Einrichtung einer Provinz gelten.

Bei der Neuordnung des hellenistischen Ostens wurden die griechisch-hellenistischen Städte als Verwaltungseinheiten bevorzugt; waren sie in dem entsprechenden Gebiet nicht vorhanden, wurden zum Teil sogar neue Städte gegründet, zum Teil wurde auf andere, überlieferte Verwaltungseinteilungen zurückgegriffen. Ein entsprechendes Vorgehen ist auch im Falle des ehemaligen Hasmonäerreiches zu beobachten. Wo hellenistische Städte existierten, erhielten sie den privilegierten Status von civitates liberae. Das übrige von den Römern territorial stark eingeschränkte jüdische Kernland blieb in seiner bisherigen Verwaltungsstruktur weitgehend unverändert.

Pompeius "ernannte (...) den Hyrkanos wieder zum Hohepriester, einmal weil er sich bei der Belagerung als sehr hilfreich erwiesen, dann aber ganz besonders, weil er das Landvolk, das sich anschickte, für Aristobulos zu den Waffen zu greifen, davon abgehalten hatte." Hyrkanos' Wiedereinsetzung wird von Josephus also mit der Unterstützung begründet, die dieser Pompeius geleistet habe. Daneben dürfte auch eine Rolle gespielt haben, daß Hyrkanos schon vor der Belagerung Jerusalems als der für römische Zwecke Geeignetere der beiden Brüder gegolten hatte. Weitere Titel, wie etwa den des Königs, den Hyrkanos von 67 v.Chr. bis zu seiner Absetzung durch Aristobulos II. getragen hatte, erwähnt Josephus in seiner Schilderung der Ereignisse nicht. Pompeius gewährte dem Hasmonäer diesen Königstitel mit Sicherheit nicht - so wurde erst Herodes 40 v.Chr. zum König von Judäa erhoben -; stattdessen erhielt er den Status eines Ethnarchen, also eines untergeordneten Fürsten, wie ihn die Hasmonäer auch bis zu ihrer Übernahme des Königstitels gegen Ende des 2. Jahrhunderts v.Chr. innegehabt hatten.

Damit blieb die innere Verwaltung Judäas, die traditionell auf der Autorität des Hohenpriesters in Jerusalem beruhte, weitgehend unverändert und unabhängig von der römischen Oberhoheit bestehen. Ob auch das Recht der Prägung eigener Münzen erhalten blieb, ist unklar; daß aber vergleichsweise viele Münzen, auch vieler unterschiedlicher Typen, Hyrkanos II. zugeschrieben werden, weist darauf hin, daß die jüdische Münzhoheit auch nach 63 v.Chr. weiterbestand. Da jedoch, wie oben gezeigt wurde, sowohl in den indirekt als auch in den direkt von Rom beherrschten Gebieten, d.h. in abhängigen Staaten wie in Provinzen, der römische Einfluß auf die innere Verwaltung gering blieb, ist so weit noch keine eindeutige Zuordnung Judäas zu einer dieser Statusgruppen möglich. Aufzuzeigen ist zunächst, welche hoheitlichen Eingriffe der römischen Besatzungsmacht bzw. Pompeius' in diesem Falle nachzuweisen sind.

Nach der Eroberung Jerusalems wurden mit Hyrkania, Machaerus und Alexandreion die wichtigsten Burgen des Landes geschleift, ebenso wie die Befestigungsmauern der Hauptstadt; die Mauern des Jerusalemer Tempels blieben zu diesem Zeitpunkt noch bestehen, sie fielen erst bei der erneuten Eroberung Jerusalems im Jahre 70 n.Chr. Deutlich zeigt sich hier die Ausübung der absoluten Verfügungsgewalt, die die Römer aufgrund der Dedition über den Hasmonäerstaat gewonnen hatten und die sie nun dazu nutzten, die Grundlagen seiner militärischen Macht zu beseitigen, um eine etwaige Erhebung gegen die römische Herrschaft zu verhindern oder zu erschweren. Auch der bisherige Herrscher Aristobulos blieb als Geisel mit seiner Familie in Haft und wurde später auf Pompeius' Triumphzug des Jahres 61 v.Chr. in Rom gezeigt.

Als "sichtbarstes Zeichen der verlorenen Unabhängigkeit" wurden Jerusalem und das jetzt noch dazugehörige Land der Tributpflicht unterworfen. Auch wenn Josephus in den Antiquitates nur von der Tributpflicht Jerusalems spricht, ist doch davon auszugehen, daß dies auch für das gesamte den Juden noch verbliebene Gebiet galt, sein Bericht im Bellum hier also korrekter ist. Neben der größeren Wahrscheinlichkeit spricht dafür vor allem, daß das jüdische Gebiet traditionell als ein einziges Gemeinwesen organisiert und administrativ der Stadt Jerusalem unterstellt war: "Jerusalem war der verfassungsmäßige Ausdruck des gesamten Landes."

Hinweise auf die Höhe und Erhebungsart des Tributes finden sich nur spärlich in den Quellen; es scheint aber so zu sein, daß römische Steuerpächter (publicani) die Einziehung der Steuern übernahmen. So heißt es bei Cicero: quam cara dis immortalibus [Iudaea] esset docuit, quod est victa, quod elocata, quod serva facta, was hier nur heißen kann, Judäa sei als Steuerbezirk verpachtet worden. Entsprechend wandte Cicero sich später auch gegen Gabinius als Gouverneur Syriens mit dem Argument, er habe die publicani ruiniert und sie tradidit in servitutem Iudaeis et Syris, nationibus natis servituti. Aus diesen Angaben muß geschlossen werden, daß Steuerpächter schon vor Gabinius' Zeit als Gouverneur, d.h. zwischen 63 und 58 v.Chr. in Syrien und Judäa tätig waren, da er sie in seiner Amtszeit massiv in der Verfolgung ihrer Tätigkeit behinderte, ohne allerdings das System der Steuereintreibung auf eine andere Grundlage zu stellen.

In seleukidischer Zeit waren in Syrien, so auch in Judäa, unter anderen eine Ertragssteuer in Höhe von einem Drittel bis zur Hälfte des Ernteertrages, eine Grundsteuer als Zehnter, eine Kopfsteuer, Zölle und indirekte Steuern erhoben worden. Die Hasmonäer hatten dieses System weitgehend unverändert, doch in ermäßigter Höhe, übernommen, als Judäa seine Unabhängigkeit von Syrien errang; auch die Römer behielten es nach der Eroberung des Landes zunächst bei. In den Quellen findet sich eine Angabe bei Appian, der im 2. Jahrhundert n.Chr. schrieb, die Juden hätten aufgrund des Widerstands, den sie der römischen Herrschaft seit Pompeius geleistet hätten, eine höhere Kopfsteuer ( , d.h. tributum capitis) zu zahlen als beispielsweise die benachbarten Syrer, die jährlich 1% ihres Vermögens als Steuer abgeben müßten. Ob diese Angabe auch für die Zeit direkt nach der Eroberung durch Pompeius zutrifft, ist ohne weitere Informationen kaum zu entscheiden; durchaus wahrscheinlich ist aber, daß dies nicht die einzige erhobene Steuer war und daß der Tribut im Falle Judäas schon zu diesem Zeitpunkt als poena belli, als eine Strafe für den gegen die Römer geführten Krieg vergleichsweise hoch angesetzt war.

Die überwiegende Mehrheit der Forschung geht davon aus, daß Judäa 63 v.Chr. noch nicht als Provinz unter einem eigenen Gouverneur konstituiert oder der von Pompeius zu diesem Zeitpunkt eingerichteten Provinz Syrien zugewiesen wurde. Stattdessen habe es als formell eigenständiger, de facto aber von Rom abhängiger Staat weiterbestanden und sei nur der zweifellos bestehenden Oberaufsicht des römischen Statthalters in Syrien unterstellt gewesen; daß Judäa tributpflichtig war, wird von diesen Autoren nicht als im Gegensatz zu dieser Auffassung stehend angesehen. So konstruiert beispielsweise Dahlheim eine "Form der außerprovinzialen Untertänigkeit", die auf Judäa angewandt worden sei; ähnlich nimmt Schalit "eine Zwischenstellung zwischen Selbst- und unmittelbarer Provinzialverwaltung (...) als Vorstufe zu einer späteren Provinzialherrschaft" an. Grundlage dieser Auffassung ist vor allem die etwas irreführende Formulierung des Josephus, Pompeius habe die griechischen Städte für frei erklärt und sie der Provinz Syrien zugeordnet - woraus gefolgert wird, Judäa müsse in bezug zur Provinz Syrien einen anderen Status als diese Städte gehabt haben, da seine Angliederung an die Provinz Syrien in den entsprechenden Textpassagen nicht erwähnt ist. Zur Begründung wird insbesondere angeführt, daß den römischen Sicherheitsinteressen durch die indirekte Beherrschung (d.h. die Kontrolle durch den Gouverneur in Syrien) Genüge getan worden sei, während eine formelle Annexion von vornherein den jüdischen Widerstand gegen die römische Herrschaft hervorgerufen hätte. Zudem sei eine später zu erfolgende Provinzialisierung vorbereitet worden durch die Herabsetzung des Status Judäas wie auch durch die Einschränkung des jüdischen Territoriums.

Dem entgegen ist jedoch insbesondere die Tributpflicht Judäas als entscheidendes Kennzeichen einer Provinzialisierung zu betrachten, weil sie nach römischem Verständnis der wesentliche Unterschied zwischen einem formell immer noch unabhängigen Satellitenstaat und einer römischen Provinz war. In der Tributpflicht liegt auch das eigentliche Unterscheidungsmerkmal zwischen dem Status der von Pompeius privilegierten griechischen Städte und Judäa; entsprechend dürfte die fragliche Josephus-Stelle eher so zu verstehen sein, daß die griechischen Städte zwar befreit wurden im Sinne von Tributfreiheit, aber trotzdem und genauso wie Judäa der Provinz Syrien untergeordnet wurden, weshalb dieser Tatbestand von Josephus extra erwähnt wurde. Von einer Eingliederung Judäas in die syrische Provinz ist auch deshalb auszugehen, weil die Errichtung einer Provinz Judäa mit einem eigenen Gouverneur und eigener Verwaltung für diese Zeit noch nicht nachgewiesen werden kann.

Auf der anderen Seite kann die Aufrechterhaltung der weitgehenden Selbstverwaltung kaum als Argument für den Status eines abhängigen Fürstentums gelten, da dies - mit Ausnahme von Tributpflicht und Gerichtshoheit - für alle politischen Einheiten innerhalb der römischen Provinzen der republikanischen Zeit zutrifft. Der römische Statthalter war dabei trotzdem berechtigt, wesentliche Veränderungen vorzunehmen, wenn dies im Interesse Roms erforderlich war; so hat Gabinius als Statthalter von Syrien im Jahre 58 v.Chr. die gesamte Verwaltungsstruktur in Judäa neu organisiert. Auch wenn Statthalter einer Provinz zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung grundsätzlich berechtigt waren, in Nachbargebieten einzugreifen, ist doch anzunehmen, daß die Berechtigung zu einer so weitgehenden Neuordnung sich aus der Zugehörigkeit Judäas zur Provinz Syrien ergab.


 
4. Zusammenfassung

Mit Aristobulos I. (104 - 103 v.Chr.) begann in Judäa die insgesamt etwa vierzig Jahre dauernde Phase des Königtums der Hasmonäer. Eines der wesentlichen Kennzeichen dieser Zeit war die kontinuierliche Erweiterung des jüdischen Machtbereiches, bis das Hasmonäerreich am Ende der Regierung Alexander Jannaios' (103 - 76 v.Chr.) zu einem der bedeutendsten Staaten der Region aufgestiegen war. Diese Ausrichtung der Politik allein am Ausbau der weltlichen Macht wie auch die mit der ständigen Kriegführung verbundenen Belastungen für die Bevölkerung führten im Innern allerdings zum wachsenden Widerstand des Volkes, der schließlich in einem sechsjährigen Bürgerkrieg mündete. Träger des Widerstandes waren vor allem die Pharisäer, eine jüdische Sekte, die ihr Ziel in einer Ausrichtung des gesamten Lebens an den Vorschriften der jüdischen Religion sah. Als ihnen unter Alexandra Salome (76 - 67 v.Chr.) weitgehender Einfluß auf die Lenkung des Staates zugestanden wurde, führte dies zur Beruhigung der Lage. Nach Alexandras Tod lebten die Auseinandersetzungen jedoch wieder auf, da von ihren Söhnen Hyrkanos II. und Aristobulos II. beide die Thronfolge beanspruchten.

Etwa zur gleichen Zeit brachten die Römer das ehemals seleukidische Syrien zunächst als abhängiges Königreich, ab 64 v.Chr. dann als Provinz unter ihren Einfluß. Damit mußte sich das römische Interesse automatisch auch auf das benachbarte jüdische Königreich richten, dessen Lage es zu einem strategisch bedeutsamen Gebiet am Mittelmeer machte. Den Anlaß zur Intervention boten die um den hasmonäischen Thron streitenden Parteien, die Pompeius um Unterstützung baten. Dieser entschied sich für Hyrkanos und belagerte im Sommer 63 v.Chr. den Jerusalemer Tempelberg, da die Anhänger Aristobulos' sich dem nicht beugen wollten. Die Eroberung des Tempels bedeutete das Ende der selbständigen Existenz des Hasmonäerreiches, das nach der Unterwerfung nicht in seiner bisherigen Form wiederhergestellt wurde.

Pompeius gliederte das gesamte Gebiet in die Provinz Syrien ein, wobei die bestehenden griechischen Städte an der Küste und im Transjordanland den Rang von civitates liberae erhielten. Damit waren sie von der bisher bestehenden hasmonäischen Herrschaft befreit und trotz ihrer Zugehörigkeit zur Provinz weder der Tributpflicht noch der römischen Gerichtsbarkeit unterworfen. Im Gegensatz dazu erhielt Hyrkanos II. für das ihm verbleibende Herrschaftsgebiet zwar den Hohepriester- und Ethnarchentitel und die damit verbundene weitgehende innere Selbständigkeit, mußte aber Tribut an Rom zahlen. Da im Gegensatz zu den Freistädten und abhängigen Königreichen allein die nichtprivilegierten Gebiete einer Provinz, die civitates stipendiariae, der Tributpflicht unterlagen, ist mit einiger Sicherheit davon auszugehen, daß dieser Status auch auf das Judäa des Jahres 63 v.Chr. zutraf. Das bedeutet, daß das ehemalige Hasmonäerreich nicht - wie häufig angenommen - als juristisch eigenständiger, doch faktisch von Rom abhängiger Staat weiterbestand, sondern daß es ebenso wie die griechischen Städte der Provinz Syrien zugeordnet wurde.


 
Literaturverzeichnis
 
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